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Projekt 1: IBA-Auftaktgebiet Grossräschen-Süd & IBA-Terrassen

Im Zentrum des IBA-Gedankens

Wohl kaum eine andere Stadt in der Niederlausitz hat sich in den letzten 20 Jahren so stark verändert wie die ehemalige Bergbaustadt Großräschen. Ihre südliche Stadthälfte verschwand fast vollständig im Tagebau. Ausgerechnet dort liegt heute ihre Zukunft als Stadt am See. Nirgendwo sonst in der Region lässt sich der Strukturwandel »vom Bergmann zum Seemann« so gut nachvollziehen, wie im »IBA-Auftaktgebiet Großräschen-Süd« mit den IBA-Terrassen, der Seebrücke und dem Seehotel am Ufer des entstehenden Ilse-Sees.

AUSGANGSSITUATION

Bis 1999 war Großräschen Bergbaustadt. Im Süden der Stadt lag der Tagebau Meuro und trennte Großräschen von seiner früheren Nachbarstadt Senftenberg. Nicht nur die frühere Straße nach Senftenberg, auch die südlichen Stadtteile waren abgebaggert worden, darunter das früher eigenständige Dorf Bückgen. Rund 4000 Einwohner wurden kurz vor der Wende 1989/90 umgesiedelt, viele davon ins neu errichtete Plattenbaugebiet Großräschen-Nord. Nur wenige Gebäude in Großräschen-Süd blieben erhalten und künden noch heute von der Bergbaugeschichte der Stadt.

Begonnen hatte diese 1888 mit der Gründung der »Ilse-Bergbau-Aktiengesellschaft«, kurz I.B.A. in Bückgen. Die I.B.A. legte die erste Grube »Ilse« an, baute daneben auch eine Brikettfabrik (»Victoria«), eine Ziegelei sowie mehrere Firmengebäude und Wohnhäuser für ihre Arbeiter und Angestellten. Doch 100 Jahre später mussten auch die Häuser, die dem Bergbau ihre Existenz verdankten, der Braunkohle weichen. Erhalten blieben lediglich das sogenannte Ledigenwohnheim und das Beamtenwohnhaus an der Ernst-Thälmann-Straße. Beide Gebäude waren – ebenso wie eine Handvoll Nachbargebäude – bereits leer gezogen und sollten abgerissen werden. 1993 wurde schließlich die ursprünglich geplante Abbaugrenze verschoben, sodass diese letzten Gebäude stehen blieben und unter Denkmalschutz gestellt wurden. In Erwartung der Abbaggerung hatten ihnen aber Verwahrlosung, Vandalismusschäden und Brände stark zugesetzt. Die ganze Straße bis zum vernachlässigten historischen Stadtzentrum war von Tristesse und Hoffnungslosigkeit geprägt. 1999 schließlich wurde der Tagebau endgültig stillgelegt.

PROJEKTVERLAUF

Die Ernst-Thälmann-Straße heißt mittlerweile Seestraße und verbindet das revitalisierte Stadtzentrum mit einer neuen Uferpromenade am entstehenden Ilse-See. Ein Spaziergang entlang der Seestraße mit den sanierten und neu genutzten historischen Gebäuden aus der »Ilse-Zeit« bis zur einstigen Tagebaukante, über die IBA-Terrassen am künftigen Seeufer hoch zum Aussichtspunkt Viktoriahöhe und zurück entlang der »Allee der Steine« macht den enormen Wandel der Stadt deutlich. Hier am Sitz der einstigen I.B.A. ist durch das Engagement von Planern und Politikern aus der Region nicht nur die Idee zur Durchführung einer Internationalen Bauausstellung (IBA) entstanden, sondern hier befindet sich heute auch der Sitz der IBA-Geschäftsstelle.

Als erstes sichtbares Zeichen für die Wiederbelebung des fast untergegangenen Stadtteils bezog die IBA in ihrem Gründungsjahr 2000 das frisch sanierte frühere Beamtenwohnhaus. Schon ein Jahr zuvor, 1999, rief die IBA-Vorbereitungsgesellschaft gemeinsam mit der Stadt Großräschen zu einem internationalen Architekturwettbewerb für ein Informationszentrum am künftigen Ilse-See auf. Aus 74 Entwürfen ging die Idee des Architekten Ferdinand Heide aus Frankfurt/Main als siegreich hervor. Sein Plan sah eine Promenade mit drei Einzelgebäuden vor – die 270 Meter langen IBA-Terrassen. Für diese mussten ein Bauherr gefunden, eine Finanzierungsstrategie und ein Betreiberkonzept entwickelt werden. Gemeinsam mit der Stadt und der Wirtschaftsentwicklungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH (WEQUA) in Lauchhammer wurde die Bau- und Betreibergesellschaft IBA-Terrassen mbH gegründet, die für die Errichtung und bis 2007 auch für den Betrieb der Terrassen zuständig war, bevor die IBA selbst diese Aufgabe übernahm. Innerhalb von nur einem Jahr wurde der Bau schließlich für 3,9 Millionen Euro realisiert, von denen drei Viertel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) stammen und ein Viertel aus Mitteln des sogenannten Verwaltungsabkommens von
Bund und Ländern zur Braunkohlesanierung.

Nach ihrer Eröffnung 2004 erhielten die IBA-Terrassen den Brandenburgischen Architekturpreis und viel Aufmerksamkeit in der Fachwelt und Bevölkerung gleichermaßen. Die großen Architekturzeitschriften berichteten über das kühne Bauwerk an der Tagebaukante und die Tageszeitung Die Welt nannte sie »ungewöhnlichste Zivilisationskante der Welt«. Sehr schnell etablierten sich die IBA-Terrassen nicht nur als Besucher- und Informationszentrum der IBA, sondern auch als Veranstaltungsort für Lausitzer Vereine, Firmen, Verbände und Familien. Hier finden internationale Fachkongresse und Tagungen von Bundes- und Landesbehörden ebenso statt wie zahlreiche Kulturveranstaltungen und private Feiern. Zudem starten von hier die touristischen Touren der IBA. Ein Jahr nach Eröffnung der IBA-Terrassen wurde dort die Seebrücke eingeweiht: Auf Initiative des Großräschener Bürgermeisters Thomas Zenker wurde für diese Seebrücke der letzte Absetzer (ein Bergbaugerät) aus der Grube Meuro umgenutzt und ragt nun noch einige Jahre in die trockene Grube, bis der See geflutet ist. Solange stellt die Seebrücke ein starkes Symbol für den Strukturwandel dar – eine Brücke in die Zukunft.

Auf den IBA-Terrassen wurde 2007 unter reger Anteilnahme der Bevölkerung mit einem symbolischen Öffnen der Ventile die Flutung der Grube Meuro gestartet. Innerhalb von nur zehn Jahren entsteht hier der Ilse-See – benannt nach der historischen »Ilse«. Pünktlich zum Beginn der Flutung wurde auf den IBA-Terrassen das Besucherzentrum Lausitzer Seenland eröffnet – und in unmittelbarer Nähe das neue Seehotel: In nur einjähriger Sanierungsarbeit verwandelte ein Großräschener Geschäftsmann das schlossartige Ledigenwohnheim in ein Vier-Sterne-Hotel mit 77 Betten. Es war die erste Privatinvestition am künftigen Ilse-See.

Abgerundet wird das »IBA-Auftaktgebiet Großräschen-Süd« durch die »Allee der Steine«, eine von Bäumen und Findlingen aus der Grube Meuro gefasste Wegachse nach Plänen des Cottbuser Landschaftsarchitekten Helmut Rippl. Auf 500 Metern Länge führt der Weg hinter der IBA-Geschäftsstelle und dem Seehotel direkt auf die Viktoriahöhe, an deren Stelle sich früher die Brikettfabrik Viktoria befand. Gekrönt wird der kleine Hügel durch eine neue, stählerne Aussichtsplattform nach einem Entwurf des Büros Joswig aus Senftenberg.

AUSBLICK

Mit der Flutung der Grube Meuro hat die Zukunft Großräschens als Seestadt bereits begonnen und seit 2007 nennt sie sich auch so: Seestadt Großräschen. Die Grundsteine dafür wurden vor und während der IBA-Laufzeit gelegt. Hierauf können die Stadt und Investoren aufbauen. Bis voraussichtlich 2015 wird der Ilse-See als Teil des Lausitzer Seenlandes geflutet sein. Die LMBV hat schon 1997 im damals noch aktiven Tagebaubetrieb den zukünftigen Stadthafen modelliert. An dessen Eingang befindet sich heute die bereits fertiggestellte Seebrücke, von der in wenigen Jahren Ausflugsboote an- und ablegen werden. Großräschen wird dann auch zum Heimathafen des bereits 2003 mit Unterstützung der IBA aus der Taufe gehobenen Ilse-Seeportvereins, der derzeit noch den benachbarten Sedlitzer See als Ausweichquartier nutzt. Ein Masterplan, den das Büro Joswig im Auftrag der Stadt 2008 erstellt hat, sieht am Hafen zusätzlich eine Seesporthalle und gastronomische Angebote vor.
Am gegenüberliegenden Ufer stellt der bis 2015 zu bauende »Ilse-Kanal« eine direkte wasserseitige Verbindung zum Sedlitzer See dar. Großräschen wird dann mit dem Ilse-See, dem Hafen und den IBA-Terrassen das Tor zum Lausitzer Seenland sein – auch dank seiner direkten Anbindung an die Autobahn Berlin – Dresden.
Darüber hinaus will die Stadt Großräschen-Süd verstärkt als attraktiven Wohnstandort zwischen See und Kernstadt entwickeln. Hier soll in den nächsten Jahren ein lebendiges Quartier mit den Funktionen Wohnen, Sport, Hotellerie und Gastronomie entstehen.

Die sinnlichen Tagebauerkundungen der IBA luden zum Entdecken der Landschaft rund um das Auftaktgebiet ein.
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Anfahrt

Mit dem Auto zum IBA-Auftaktgebiet Großräschen-Süd & den IBA-Terrassen oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln:

VBB fahrinfo - Link (mit Vorbelegung)
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letzte Änderungen: 26.1.2017 13:13